Die Essenz – ihre Erforschung fasziniert die Musiker:innen des Trio Gaspard. Neben dem hochklassigen Spielen auf ihren Instrumenten, dem Zusammenwirken als Kleingruppe und der intensiven Aufmerksamkeit im Zuhören ist es auch die Auseinandersetzung mit Themen wie der Essenz, die für das Trio eine gute Aufführung ausmacht. In der Reduktion auf das Wesentliche liegt eine besondere Intensität – und gleichzeitig ein neuer Blick auf ein Werk, das wir alle zu kennen glauben.
Das Trio Gaspard, das Trio Orelon und die Compagnia di Punto sind sich einig: In ihren Konzerten der »Großen Sinfonie in kleiner Besetzung« wollen sie den Kern eines Werkes in seiner ganzen Tiefe zeigen und zugleich Raum für neue Ideen schaffen.
Alles soll sich zur Essenz verdichten – nicht nur die Musik selbst, sondern auch das, was sie im Innersten zusammenhält: das genaue Hinhören, das präzise Miteinander, das Vertrauen und das Gespür füreinander.
Aber wie geht das? Was ist eigentlich die Essenz? Wie nähert man sich ihr an? Was macht eine gute Essenz aus? Und gibt es überhaupt so etwas wie die ›Essenz‹ eines Werkes, die immer gleich bleibt, egal auf welchem Instrument oder in welcher Version?
Für die Frage nach der Essenz ist Beethovens 5. Sinfonie ein spannendes Beispiel: Aus einem winzigen Keim – nur vier Töne – ist einer der bekanntesten Anfänge der Musikgeschichte entstanden. Die meisten meinen, ihn im Ohr zu haben.
Aber wie kann man die Essenz dieses Anfangs wirklich fassen?
Die Frage nach der Essenz betrifft nicht nur Musik. Auch im Alltag nähern wir uns immer wieder – oft auch ganz unbewusst – dem Kern einer Sache. Stell dir vor: Jemand fragt dich im Treppenhaus, wo du wohnst – »im dritten Stock, links« wäre (sofern das stimmt) eine völlig sinnvolle Antwort. Auf offener Straße oder an der Supermarktkasse würde dieselbe Antwort vermutlich eher irritieren.
Der Kontext entscheidet also mit, was als Essenz gelten kann.
Ähnlich ist es beim Schreiben einer Zusammenfassung: Wir müssen uns fragen, was wir streichen können, damit es übersichtlicher wird, und was unbedingt bleiben muss, damit die einzelnen Punkte verständlich bleiben. Dazu kommt es auch darauf an, die richtigen Schwerpunkte zu setzen, ohne den ursprünglichen Sinn zu verfälschen.
Einfach ist das nicht. Aber vielleicht liegt gerade darin eine besondere Faszination.