Ich habe versucht, eine mythische Musik zu entwickeln – eine Musik, die sowohl der Zeit als auch, soweit möglich, dem Ort enthoben ist. Von clubartigen Beats bis zu geräuschhaften Texturen habe ich viele Zwischenräume ausgelotet. Eine besondere Rolle spielt ein Kinderlied, das mir meine Mutter oft vorgesungen hat – in verwandelter Form wurde es zu einem zentralen Motiv für »Die Odyssee«.
Ketan Bhatti composes soundtrack for »The Odyssey«
Using music to express what words cannot convey

Ketan Bhatti ist Komponisten und Beethoven-Fellow 2026. Als Komponist zeichnet er sich verantwortlich für »Die Odyssee«, eine Sprechoper rund um die bekannteste Heldenreise der Kulturgeschichte. Das Werk wird am 10.9. gemeinsam mit dem Beethoven Orchester und Schauspiel Bonn im Beethovenfest uraufgeführt. Wir haben Ketan Bhatti vorab zum Gespräch getroffen.
Was ist für Dich das Besondere an Deiner Musik für »Die Odyssee«?
Ich habe versucht, eine mythische Musik zu entwickeln – eine Musik, die sowohl der Zeit als auch, soweit es mit westlich geprägten Instrumenten möglich ist, dem Ort enthoben ist. Neben klassischen Instrumenten wie Streichern, Holz- und Blechbläsern kommen auch die irakische Spießgeige Djoze und an einzelnen Stellen die armenische Duduk zum Einsatz. Dazu Synthesizer, erweitertes Schlagwerk, präpariertes Klavier – alle sehr präsent. Das ergibt schon einen sehr eigenen Klang. Die Musik arbeitet sowohl mit genau ausnotiertem Material als auch mit freieren Spielanweisungen und lässt den Musiker:innen mehr Gestaltungsspielraum als etwa eine Verdi-Oper. Von clubartigen Beats bis zu geräuschhaften Texturen habe ich viele Zwischenräume ausgelotet. Eine besondere Rolle spielt ein Kinderlied, das mir meine Mutter oft vorgesungen hat – in verwandelter Form wurde es zu einem zentralen Motiv für Penelope und Telemach.
Was ist überhaupt eine »Sprechoper«?
Für mich ist das ein Musiktheater, das der instrumentalen Musik denselben Stellenwert einräumt wie eine Oper – nur dass der Gesang durch das gebrochene, sprechtheaterhafte Wort ersetzt wird.
Gab es musikalische Vorbilder oder Einflüsse, die Dich bei Deiner Arbeit an »Die Odyssee« leiteten?
Die Musiksprache, die ich seit vielen Jahren gemeinsam mit meinem Bruder Vivan entwickle, hat immer großen Einfluss auch auf meine Solo-Projekte. Besonders intensiv haben wir eine eigene Musiksprache zwischen subkulturellen Strömungen wie Hip-Hop, Techno und sogenannter zeitgenössischer Kunstmusik konzipiert. Auch die Art, wie wir Spuren aus anderen Genres aufnehmen und sie nicht nur zitieren, fließt mit hinein. Dann gibt es Cymin Samawatie, mit der ich das Trickster Orchestra in Berlin leite. Seit über 20 Jahren arbeiten wir an der Dekolonisierung zeitgenössischer Kunstmusik und entwickeln transtraditionelle neue Musik. Auch diese Arbeit hat großen Einfluss auf »Die Odyssee« gehabt!
Hatten die Proben Einfluss auf Deine Komposition?
Ungemein. Das unterscheidet diese Arbeit stark vom Musiktheater, wo die Partitur meist sechs Monate vor Probenbeginn abgeschlossen sein muss – was bedeutet, dass der Kompositionsprozess oft schon ein Jahr vorher beendet ist. Der Regisseur Simon Solberg hat ein großes musikalisches Verständnis und so entstand ein Ping-Pong-Spiel: Musikalische Angebote meinerseits wurden von ihm inszenatorisch aufgegriffen und auf der Schauspielebene weiterentwickelt – worauf ich wiederum musikalisch reagieren konnte.
Was ist der Mehrwert, wenn das Orchester auf der Bühne sichtbar ist und nicht – wie sonst oft – im Hintergrund bleibt?
Ich glaube, das ist ein entscheidender Faktor: Das Orchester wird zum Protagonisten. Die Interaktion zwischen Wort und Musik wird unmittelbarer und für das Publikum nachvollziehbar. Auch wenn alle Beteiligten – auf und hinter der Bühne – gemeinsam eine Geschichte (im weitesten Sinne) erzählen, entsteht ein größeres Angebot an Deutungen und Anknüpfungspunkten. Ich würde von Vielstimmigkeit sprechen, von einem pluriperspektivischen Ansatz – und genau das ist mein zentrales Interesse.
Gibt es eine gesellschaftliche Utopie oder einen Traum, den Du mit Deiner Musik verbindest?
Ich suche in meiner Musik stets die Begegnung mit dem vermeintlich Fremden – sei es durch die Verbindung verschiedener Genres, Musiktraditionen oder Disziplinen. Ich versuche, Räume für Interaktion zu schaffen. Was aus diesen Begegnungen entsteht, entzieht sich klaren Kategorien wie »eigen« oder »fremd« – das Fluide tritt in den Vordergrund. Auch die Arbeitsweise folgt dieser Haltung. Sie ist kollaborativ, verlangt Sensibilität, Anpassung. Oder besser noch: Nachahmung und Anverwandlung. Darin sehe ich großes Potenzial für gesellschaftliche Modelle, in denen ein friedliches Miteinander möglich ist – jenseits von Ausbeutung, Rassismus, Sexismus und Gewalt.
Termine im Festival
- , Schauspielspielhaus Bad Godesberg
Ketan Bhatti & Simon Solberg: The Odyssey
Dance, Performance & Music TheatreEnsemble Schauspiel Bonn, Beethoven Orchester Bonn, Dirk Kaftan
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