Männergesangsverein Walhalla zum Seidlwirt
Berk Altan Tenor
Lawrence Halksworth Tenor
Kyoungloul Kim Tenor
Julian Twarowski Bariton
Christoph Brunner Bass
5.9.-3.10. 2024
Männergesangsverein Walhalla zum Seidlwirt
Berk Altan Tenor
Lawrence Halksworth Tenor
Kyoungloul Kim Tenor
Julian Twarowski Bariton
Christoph Brunner Bass
Max Reger (1873–1916): »Das Lieben bringt groß Freud« WoO VI/7 Nr. 4
Stephen Foster (1826–1864): »Oh! Susanna«, arr. von Julian Twarowski
Dubravko Šimek: »Ruzo crvena«
Joseph Bovet (1879–1951): »La fanfare du printemps«
Rivkah Gvily (1910–1999): »Yakinton«
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809–1847): »Ersatz für Unbestand« WoO 8
Johann Abraham Peter Schulz (1747–1800): »Der Mond ist aufgegangen«
Paul Lincke (1866–1946): »Berliner Luft«
Schottisches Traditional: »Auld lang syne«, arr. von Yonathan Cohen
Pause
Franz Schubert (1797–1828): »Dessen Fahne Donnerstürme wallte« D 58
Johannes Brahms (1833–1897): »In stiller Nacht« WoO 34/8
Hanns Eisler (1898–1962): »Immer raus mit der Mutter« aus »Lieder nach Texten von Kurt Tucholsky«
Mark Warschawsky (1848–1907): »Oyfn pripetshik«
Türkisch-Aserbaidschanisches Traditional: »Bugün ayin ücüdür«
Franz Schubert: »Nachtmusik« D 848
Sebastián Iradier (1809–1865): »La Paloma«
Türkisches Trad.: »Igdirin al almasi«
Friedrich Silcher (1789–1860): »In einem kühlen Grunde«
Anton Maurer (1881–1961): »Aus’n Drahrertisch«
Das Ensemble Walhalla zum Seidlwirt passt hervorragend zum diesjährigen Motto des Beethovenfests, denn der originelle Männergesangsverein beweist, wie gut ein Miteinander funktionieren kann: Die Mitglieder stammen aus verschiedenen Nationen – neben Deutschland aus der Türkei, Israel, Österreich und England. Auch musikalisch zelebrieren sie daher die multikulturelle Vielfalt, singen sich quer durch die Genres und Jahrhunderte mitsamt Volksliedern aus ihren Heimatländern und anderen Regionen – die sie mit ihrer sympathischen Art in einer Mischung aus Ernst und Humor präsentieren und sogar das Publikum zum Teil des Ganzen machen. Auf ihrem kunterbunten Programm stehen Werke von berühmten klassischen Liedkomponisten, außerdem Stücke, die es unbedingt zu entdecken gilt – und solche, die schon längst zu Evergreens geworden sind. Eins steht jedenfalls fest: Ohrwürmer sind in diesem Konzert garantiert!
Man fragt sich natürlich, wie es wohl zu dem wie Nonsens wirkenden Namen des international besetzten Ensembles kam: Alles begann in Berlin, wo die heutigen Mitglieder zusammen klassischen Solo-Gesang an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« studierten. Irgendwann beschlossen sie, als Ausgleich zum nicht so viele Freiheiten bietenden Opernrepertoire dem biederen Image von Männergesangsvereinen ein launiges Upgrade für das 21. Jahrhundert zu verpassen, mit einem Spektrum von äußerst ausgelassenen bis hin zu sehr tiefgründigen Liedern. Zudem wollten sie mit den Mitteln der Musik einen kulturellen Austausch über Grenzen hinweg anstoßen und zusammenbringen, was einander nah und fern ist. Ihr erstes Stammlokal war zunächst die Kiezkneipe »Walhalla« im Stadtteil Moabit, danach wechselten sie in das Gasthaus »Zum Seidlwirt« in der Nähe des berühmten »Ku’damm« – und der Name für ihren Männergesangsverein war gefunden. So witzig und charmant diese Geschichte ist, so sind auch die stimmungsvollen Auftritte dieser A-cappella-Künstler, die zuweilen tänzerische und schauspielerische Einlagen umfassen. Die Programmzusammenstellung geht deutlich über den klassischen Rahmen hinaus, da sie volkstümliche Lieder aus der ganzen Welt einschließt. Dabei ist für sie Humor immer wieder der Treibstoff für eine gelungene Performance. Ein Kritiker meinte deshalb einmal über die Lebensfreude der Truppe: »Ihre Kunst nehmen sie sehr ernst, sich selbst nicht so sehr.«
»Höre fleißig auf alle Volkslieder! Sie sind eine Fundgrube der schönsten Melodien und öffnen dir den Blick in den Charakter der verschiedenen Nationen.«
Diese Gedanken notierte Robert Schumann einst – und die Sänger von Walhalla zum Seidlwirt lieben es, in den verschiedenen Schatzkisten mit ihren vielfältigen folkloristischen Strömungen zu stöbern. Daher gibt es einige hierzulande weitgehend unbekannte Lieder aus der Türkei und zahlreichen anderen Regionen mit schillernden Klangkoloriten und verschiedenen Stimmungen zu entdecken. Das Konzert startet aber zunächst mit einer populären deutschen Weise: »Das Lieben bringt groß’ Freud« in der Vertonung von Max Reger, die er 1899 schrieb und dem Regensburger Liederkranz widmete. Auch das Stück »In einem kühlen Grunde« gilt heute als Volkslied: Es basiert auf einem 1808 verfassten Text von Joseph von Eichendorff, der sich bei einem Aufenthalt in Heidelberg in eine junge Frau verliebt hatte, sie allerdings danach nie wiedersah. Mit den berühmten Zeilen setzte er ihr ein Denkmal, welches besonders als Chorsatz von Friedrich Silcher unsterblich wurde. Nach Oberösterreich geht es mit dem Mundart-Werk »Aus’n Drahrertisch«: Das Lied entstand im 20. Jahrhundert auf einen Text von Leopold Gruber als Hymne der Marktgemeinde Andorf, wo er und der Komponist Anton Maurer viele Jahrzehnte die örtliche Kulturszene prägten. Ebenso erfrischende und marschartige Klänge gibt es mit dem vom Frühling inspirierten Lied »La Fanfare du printemps« aus der Feder des Schweizer Komponisten Joseph Bovet, der bis 1951 lebte.
Die berühmten klassischen Komponisten dürfen in diesem Programm nicht fehlen – darunter einige aus der romantischen Epoche. Von Franz Schubert, dem sogenannten »Liederfürsten«, erklingt eine recht unbekannte Schiller-Vertonung für A-cappella-Ensemble: »Dessen Fahne Donnerstürme wallte« ist eine der Strophen des Gedichts »Elysium«. Das Lied entstand 1813 während Schuberts Studienzeit bei Antonio Salieri. Johannes Brahms schrieb seine recht melancholische Version des Volkslieds »In stiller Nacht« im Jahr 1864 und widmete es mit weiteren Stücken der Wiener Singakademie. Auf eine Vorlage von Friedrich Rückert komponierte Felix Mendelssohn Bartholdy 1839 für die Leipziger Liedertafel das ohne Opuszahl erschienene Gelegenheitswerk »Ersatz für Unbestand« – denn der Text hatte ihn »so angesprochen«, dass er ihn »bald nach dem Lesen in Musik gesetzt« hat. Einen Sprung mitten in das 20. Jahrhundert gibt es mit der Kurt Tucholsky-Vertonung von Hanns Eisler aus dem Jahr 1959. Nachdenkliche und bissige Passagen über gesellschaftlich bedenkliche Zustände sind hier zu vernehmen.
Im Konzert von Walhalla zum Seidlwirt sind zudem zahlreiche Gassenhauer zu erleben: »Der Mond ist aufgegangen« etwa zählt zu den äußerst beliebten Prototypen des deutschen Volkslieds. Über die Frage, was die Qualität dieser Gattung ausmache, schrieb Johann Abraham Peter Schulz – der sich die zauberhafte Melodie zu dem berühmten Text von Matthias Claudius ausgedacht hat – im Jahr 1785:
»Das ganze Geheimnis des Volkstons liegt im Schein des Ungesuchten, des Kunstlosen, des Bekannten.« Der Volkston verleihe einem Lied das, »wodurch es sich dem Ohre so schnell und unaufhörlich zurückkehrend einprägt«.
Das passt auch gut zum unvergänglichen Loblied auf die »Berliner Luft«, das aus Paul Linckes populärer Operette über die Mond-Regentin »Frau Luna« aus dem Jahr 1899 stammt – in der drei tollkühne Typen mit einem verrückten Plan »hoch hinaus« wollen: Sie machen sich per Ballon auf den Weg zum Mond. Das berühmte schottische Volkslied »Auld lang syne« und die weltweit gesungene Habanera »La Paloma« des Spaniers Sebastián Iradier bestechen dagegen durch ihre sehnsuchtsvollen Gesten. Die Sänger werden diese Evergreens und die anderen Lieder jedenfalls auf eine unterhaltsame und durchaus selbstironische Art und Weise präsentieren – und das Publikum dabei durch Interaktionen einbinden. Denn auf ihrer Homepage schreiben sie einen Satz, der wunderbar das diesjährige Beethovenfest-Motto »Miteinander« unterstreicht:
»Walhalla zum Seidlwirt garantiert musikalische Intensität, humorige Authentizität und viel Unerwartetes – für ALLE!«
Text: Heidi Rogge
Der internationale MGV Walhalla zum Seidlwirt (mit Sängern aus der Türkei, Israel, Österreich, England und Deutschland) wurde von ehemaligen Gesangsstudenten der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« in Berlin gegründet. Er verpasst dem Genre ›MännerGesangsVerein‹ ein Upgrade fürs 21. Jahrhundert. Die Kerneigenschaften eines Männergesangsvereins – der Spaß am gemeinsamen Musizieren, Ausgelassenheit und Nahbarkeit – sind geblieben. Hinzugekommen sind klassische Gesangskunst, künstlerische Ernsthaftigkeit und eine Portion Selbstironie. Entsprechend vielfältig ist sein Repertoire. Von Klassik und Operette über Barbershop-Songs und Chansons bis zu Volksliedern aus den Heimatländern der Sänger und darüber hinaus ist alles dabei.
Mittlerweile tritt das Ensemble auf renommierten Bühnen im In- und Ausland auf, darunter das Konzerthaus Berlin, die Liszt Akademie Budapest, die Europäische Wochen Passau, der Wiener Musikverein und das Grafenegg Festival. Kammermusikalische Partner:innen von Walhalla zum Seidlwirt sind u. a. Fatma Said, das Wiener Horn Ensemble und das Adelphi Quartet.
Wir – das Beethovenfest Bonn – laden ein, in einem offenen und respektvollen Miteinander Beethovenfeste zu feiern. Dafür wünschen wir uns Achtsamkeit im Umgang miteinander: vor, hinter und auf der Bühne.
Für möglicherweise auftretende Fälle von Grenzüberschreitung ist ein internes Awareness-Team ansprechbar für Publikum, Künstler:innen und Mitarbeiter:innen.
Wir sind erreichbar über eine Telefon-Hotline (+49 (0)228 2010321, im Festival täglich von 10–23 Uhr) oder per E-Mail (achtsamkeit@beethovenfest.de).
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Das Beethovenfest Bonn 2024 steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst.
Programmheftredaktion:
Sarah Avischag Müller
Noomi J. Bacher
Die Texte von Heidi Rogge sind Originalbeiträge für dieses Programmheft.