Sonnenschein und Energiebündel mit immensem Talent: Die Cellistin Anastasia Kobekina spielte in vier Konzerten in verschiedensten Settings eine Residenz, die das Beethovenfest 2025 wesentlich mitgeprägt hat.
Rückblick auf die Residenz
Anastasia Kobekina geht aufs Ganze

Schostakowitsch mit dem Mahler Chamber Orchestra
Wild, fast verrückt wirkte ihr Blick, als sie sich kopfüber in das Cellokonzert von Dmitri Schostakowitsch stürzte. Mit dem aufwühlenden Werk startete Anastasia Kobekina ihr erstes Festivalkonzert in der Bonner Oper. Für sie ist diese Musik der »totale Irrsinn«: »Wir lächeln, obwohl wir bald sterben werden.« Das hörte und sah man ihr an – selten hat man diese hämmernden Töne so existentiell gefühlt. Nach dem sie ihr Stradivari-Cello zum Schreien und zum Wüten gebracht hatte, kündigte sie ihre Zugabe mit den Worten an: »Nach dieser Musik brauche ich etwas anderes, das mich mit Frieden erfüllt.« Sie spielte Bachs Präludium zur ersten Cellosuite und bot damit einen kleinen Vorgeschmack auf ihr zweites Konzert in der Bonner Serie.
Zwischen Bach und heute
Das Instrument von Stradivari war bei ihrem Solorecital nicht allein. Anastasia Kobekina brachte noch ein weiteres Cello auf die Bühne: Ein Barockcello, ohne Stachel, mit niedrigerem Steg, kürzerem Hals und Darmsaiten sowie Barockbogen. Beide Instrumente entstanden im 17. Jahrhundert in Italien, doch das Stradivari wurde später in ein modernes Set-up umgebaut, während das andere historisch belassen blieb. Stählern und voluminös versus fein und erdig – zwischen beiden Klangwelten spannte Anastasia Kobekina einen berührenden Dialog auf. Bachs Cellosuiten eins bis drei wechselten sich ab mit zeitgenössischen Solowerken, einige von ihnen eigens für sie komponiert, wie sie in charmanten Zwischenmoderationen erzählte. In der dunklen Kreuzkirche versenkte sich das Publikum in diese faszinierende Reise – für die Cellistin die ideale Akustik, um auf den Darmsaiten mit sanftester Bogenführung einen federleichten Bach zu zaubern.
»Ich habe jahrelang nach dem Schlüssel zu Bachs Cellosuiten gesucht. Jede:r Lehrer:in oder Kolleg:in hat mir den eigenen Zugang als definitive Lösung angeboten, ›wie es gespielt werden soll‹. Aber mir leuchtete keiner davon ein. Das änderte sich, als ich die fantastische Barockcellistin Kristin von der Goltz kennenlernte. Sie hat mir die Welt der Barockmusik aufgeschlossen. Seit sieben Jahren studiere ich mit ihrer Begleitung dieses Repertoire und das historische Instrumentarium.«
Nach dem Konzert setzte sich Anastasia Kobekina in den Seiten-Lounges der Kreuzkirche zum Gespräch mit den Zuhörer:innen – für das »Nachklang«-Format, in dem die Begegnungen auf persönlicher Ebene vertieft wurden.
Klaviertrio mit brillantem Cello
Auch als Kammermusikerin hat Anastasia Kobekina sich präsentiert – zunächst mit zwei Kolleg:innen, mit denen sie zur Zeit tourt. Veriko Tchumuridze an der Violine und Alexej Botvinov am Klavier sind beide sehr individuelle und unterschiedliche Musiker:innen. Gemeinsam mit Anastasia Kobekina ergibt das ein interessantes Zusammenspiel. Für den Abend im Bonner Beethoven-Haus stand eine deutsche Erstaufführung auf dem Programm: Valentin Silvestrovs neues Trio »Moments of Memory V«. Ein ruhiges, nach innen gekehrtes Stück, das Anastasia Kobekina sehr viel bedeutet, wie sie in der Moderation sagte, besonders angesichts des schrecklichen Kriegs, den ihr Heimatland in der Ukraine führe. Dazu kombinierte das Ensemble zwei hochromantische Lieblingstrios von Dvořák und Rachmaninow. Das Ergebnis war ein Trioklang, in dem das Cello gewiss niemals unterging!
Schuberts Streichquintett mit den Talents
Für ihr letztes Konzert beim Beethovenfest 2025 stieß Anastasia Kobekina zu vier der aktuellen Beethovenfest Talents, um gemeinsam Schuberts Streichquintett einzustudieren. Bei diesem absoluten Gipfelwerke der Kammermusik bildeten die Nachwuchs-Musiker:innen mit der etwa gleichaltrigen Star-Cellistin ein Dreamteam. Mit unglaublicher Leidenschaft und Klangschönheit musizierten sie das dreiviertelstündige Stück. Es war in das Motto-Event »Alles ultra: Das Konzert« im Hochhaus am Neuen Kanzlerplatz eingebettet und rief beim Publikum Begeisterungsstürme hervor. Wir sind uns sicher: Anastasia Kobekina wird auch in Zukunft ein gern gesehener Gast beim Beethovenfest sein!

















